Aus dem Dorfarchiv: Die Kirchenglocken

Könnte die Große Glocke von 1440 reden, sie würde viel zu erzählen haben.

Seit wann gibt es Kirchenglocken?

Erst ab dem 7. Jahrhundert nach Christus fanden Glocken in Europa weite Verbreitung. Zuerst auf die Klöster beschränkt, ordnete Papst Sabinian (604-606) das Läuten einer Glocke auch außerhalb der Klostermauern an. Durch Edikte von Karl dem Großen fand die Glocke weite Verbreitung in seinem Herrschaftsbereich.

Die Glocken in Hellmitzheim

In einer Veröffentlichung „Hellmitzheimer Geschichte und Geschichten“ haben die beiden Autoren Karl Schneider und Wilhelm Veeh zu den Glocken in der Hellmitzheimer Dorfkirche die nachfolgenden Informationen zusammen getragen.

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Pfarrer Fries beschrieb die Hellmitzheimer Glocken im Jahre 1698 wie folgt:

„Die grosse Glocken ist gegoßen worden 1440, steht daran der Name. Magister Conradus Gnezhamer me fecit und ave Maria gratia plena.

Die Mittagsglocken ist gegossen worden: anno 1501 daran stehen diese Worte:

voxs ego sum vitae, Christum landare venite (Ich bin die Stimme des Lebens. Kommt Christum zu loben).

Am kleinsten Glöcklein steht keine jahrzahl sondern nur die Namen der 4 Evangelisten Matthaeus, Marcus, Lucas, Johannes.

Die virthe Glocken ist ehemaln durch einen muthwilligen Menschen zersprenget und anno 1656 zu Castell neu gegossen worden, welcher Guss aber nicht allerdings gerathen und der Clanz gar schlecht gewesen, nachdem aber diese anno 1691 widerum schaden genommen und einen Spalt bekommen, ist sie unbrauchbar gewesen, bis auff 1698, da sie wiedrum durch Meister Joseph Julien einen Lothringer zu Rotenburg ob der Tauber umgegossen worden, d. 27 September und den folgenden 30 stemb wieder hierher gebracht um ein ziemliches schwerer am Gewicht. Denn vorhin hat sie geweogen 278 tbr, jetzo aber hatt sie 370 tbr. Dem Glockengiesser wurde für seine Arbeit gegeben 50 R fränkischer Währung. Ist dem 10. Octobr Montags nach dem 16. Dom.post Trinit. gar auff die Nacht und bei brennenden Lichtern wieder aufgehängt worden.“

Diese 4. Glocke ist im Jahre 1811 zersprungen.

Quelle: Pfarrer Hahn: Allgemeine Pfarrbeschreibung Hellmitzheim (1919 bis 1926)

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Dazu der Autor Karl Schneider

In der Schule haben wir gelernt:

Die alte 11-Uhr-Glocke war die wertvollste des Hellmitzheimer Geläutes – und blieb daher in beiden Weltkriegen im Kirchturm hängen. Dies wurde ihr 1945 zum Verhängnis. Beim Bombenangriff der Amerikaner ging der Turm und die Kirche in Flammen auf und die Glocke schmolz. Die Glocke hatte in den letzten Jahrzehnten vor dem Krieg einen Sprung. Deshalb war ihr Klang etwas klagend geworden. Manchen Hellmitzheimern gefiel dieser besondere Klang sehr gut.

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Im Jahre 1862 wurde in einer Dienstanweisung für den Dorflehrer festgehalten, wann geläutet werden mußte. Denn damals war der Lehrer für das Läuten verantwortlich.

„Als Kirchner hat derselbe die Läutknaben nach dem örtlichen Herkommen zu bestimmen & sorgfältig zu überwachen, sowohl was die Zeit & die Art des Läutens, als deren Verhalten dabei betrifft. Das Gebetläuten Morgens, um 11 Uhr Mittags & Abends, sowie das hier übliche Weinglockenläuten im Winter von Martini bis Petri um 8 Uhr Abends, die Beaufsichtigung der Glocken & die Sorge für rechtzeitiges Schmieren der selben gehört zu seinen Obliegenheiten.“

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Die große 12-Uhr-Glocke fertigte der Glockengießer Conrad Gnoschamer im Jahre 1440. Sie kam im Krieg 1944 nach Hamburg zum Einschmelzen, blieb aber zum Glück erhalten, und wurde nach dem 2. Weltkrieg unbeschadet zurückgegeben.

Die Glocke hat die Stimmung: gisÔ und trägt die Inschrift:

Maria gratia plena Dominus anno Domini milesimo

CCCC XXXX Magister Conradus Gnoschamer me fecit

 

Im Jahre 1952 wurden die im 2. Weltkrieg zerstörten Glocken, die mittlere Glocke und die kleinere Glocke durch neue ersetzt. Die beiden neuen Glocken sind 1952 eingetroffen und wurden feierlich geweiht.

Die mittlere Glocke (Ton: hÔ ; 330 kg) enthält die Inschrift:

Zum Gedächtnis an unsere Gefallenen und an die

Zerstörung der Kirche am 11.4.1945

(im Foto rechts)

 

Die kleine Glocke (Ton: cis” ; 200 kg) enthält die Inschrift:

Ein feste Burg ist unser Gott. Hellmitzheim 1952

(im Foto links)

Quelle: Pfarrer Hahn: Allgemeine Pfarrbeschreibung Hellmitzheim (1919 bis 1926)

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Der Arbeitskreis Dorfarchiv Hellmitzheim [Bürgerhausverein Hellmitzheim] bedankt sich bei Wilhelm Veeh für die freundliche Freigabe der aus dem Buch „Hellmitzheimer Geschichte und Geschichten“ überlassenen Texte.

 

(Fotos: Anni Ziegler, Heinrich Königsreuter, Harald Heinritz)