Glück im Unglück: Die Große Glocke

Unsere große 12-Uhr-Glocke wurde 1944 vom Kirchturm herabgelassen. Sie sollte als „Rohstoff für den Krieg“ eingeschmolzen werden, blieb zum Glück erhalten und wurde am 27. Juni 1947 unbeschadet zurückgegeben. Dies war heute auf den Tag genau vor 75 Jahren.

***

Die Große Glocke in der Hellmitzheimer Kirche

… wurde vom Glockengießer Conrad Gnoschamer im Jahre 1440 (vor 582 Jahren!!!) gefertigt. Wie viele weitere Glocken im Deutschen Reich wurden im 2. Weltkrieg auch in Hellmitzheim zwei von drei Glocken aus dem Kirchturm entfernt. Sie sollten als „kriegswichtige“ Rohstoffe eingeschmolzen werden. Die verbliebene 11-Uhr-Glocke war zwar nicht die älteste, soll aber nach Angaben von Karl Schneider die wertvollste des Hellmitzheimer Geläutes gewesen sein. Der Umstand, dass diese Glocke nicht abgehängt wurde, wurde ihr am 11. April 1945 zum Verhängnis. Beim Bombenangriff der Amerikaner ging der Turm und die Kirche in Flammen auf und diese verbliebene Glocke wurde ebenfalls zerstört.

Wäre die Große Glocke nicht Jahre vorher abgehängt worden, so hätte sie das gleiche Schicksal erlitten. Sie hatte damit „Glück im Unglück!“ und blieb erhalten. Sie wurde dann 1947 unbeschadet wieder nach Hellmitzheim überstellt.

Glockenlied von Rosa Bartholomäus

Vor drei Jahren erhielt der Hellmitzheimer Arbeitskreis Dorfarchiv von Elisabeth Bartholomäus (Jhg. 1939) ein Gedicht über eben diese Alte Große Glocke. Geschrieben wurden die Zeilen von ihrer Mutter Rosa Bartholomäus, die mit Ihrer Familie in den 1940er Jahren in Hellmitzheim lebte. Ihre Tochter Elisabeth, in Hellmitzheim wohl besser bekannt unter dem Namen „die Pfarrers-Liesl“, tippte das Gedicht ihrer Mutter ab und überreichte es dem Arbeitskreis in einer digitaler Fassung.

27. Juni 1947

Notiert wurde das Gedicht mit dem Datum von heute vor 75 Jahren: dem 27. Juni 1947. Es ist der „Siebenschläfertag“ und war damals ein Freitag. Ob dies nun der Tag der Rückkehr der Glocke war oder mit dem Gedicht selbst in Verbindung steht, konnte der Arbeitskreis Dorfarchiv bis heute nicht zweifelsfrei klären. Übereinstimmend gaben aber Zeitzeugen an, dass diese Glocke tatsächlich 1947 von Hamburg aus kommend wieder den Weg nach Hellmitzheim fand. Die Glocke wurde damals zunächst in der Kirchenruine gelagert, später dann an einem Notgerüst außerhalb der Kirche an einer Mauer aufgehängt und auch geläutet. Heute hängt die alte Glocke neben zwei weiteren Glocken von 1952 wieder im Hellmitzheimer Kirchturm.

Der Arbeitskreis Dorfarchiv Hellmitzheim (Bürgerhaus Hellmitzheim e. V. 1988) bedankt sich bei Frau Elisabeth Bartholomäus für die freundliche Überreichung und Freigabe des Glockenliedes ihrer Mutter.

***

Hellmitzheimer Glockenlied

von Rosa Bartholomäus, 27.6.1947

—————————————————

Leuchtend schöner Sommermorgen war es jüngst in Hellmitzheim.

Fort mit allen Zukunftssorgen! Unsre Glocke kehret heim!

Wirklich kam sie angefahren von dem Glockenfriedhof her,

Wohin man sie vor fünf Jahren fortgebracht, fast bis zum Meer (Hamburg).

Schon ein halb` Jahrtausend alte, ehrwürdige Glocke du,

Alle loben Gott mit Schalle, und du läutest bald dazu.

Zur Vernichtung hart befohlen von dem stolzen Hitlerstaat,

Hat dich Gott ihm abgestohlen durch die wundersame Tat.

Deine Schwester, etwas jünger, blieb hier in dem Gotteshaus;

Und man findet keinen Schimmer: alles brannte restlos aus.

Das ganze Gedicht findet sich hier zum lesen und zum Herunterladen

***

Die drei Glocken im Hellmitzheimer Kirchturm in Aktion. Über die mittleren Glocke wurde das Gedicht geschrieben…

links: Die 11-Uhr-Glocke | Mitte: Die Große Glocke | rechts: die kleine Glocke

***

Titelfoto und Video: (c)Harald_Heinritz_Archiv2o2o