„Böse Bauten“ besucht

Nürnberg – Hellmitzheim | Luitpoldpark, Kongresshalle, Ehrenhalle und Große Straße waren Ziele einer Führung, der auf Einladung des Hellmitzheimer Bürgerhausvereins eine 20-köpfige Gruppe folgte. Ein Reisebericht…

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Ein bekannter Gästeführer

Schon einmal organisierte der Hellmitzheimer Bürgerhausverein einen Rundgang über das ehemalige Reichsparteitagsgelände im Südosten von Nürnberg. Dies war 2009, also genau vor 13 Jahren. Diesmal jedoch war es für die Hellmitzheimer Reisegruppe eine besondere Führung über das schwierige historische Erbe der Frankenmetropole.

Der Gästeführer vom Vereine „Geschichte für Alle“ war für uns alle eine bekannte Person: Stefan Meusert, ein Hellmitzheimer, der mit seiner Familie seit über 20 Jahren in Nürnberg wohnt und seit einem Jahr Besuchergruppen über das weitläufige Gelände führt.

Stefan Meusert – unser Gästeführer vom Verein „Geschichte für Alle“

Reisebericht: Das Reichsparteitagsgelände

Nürnberg ist eine quicklebendige, weltoffene und multikulturelle Stadt. Inwieweit dies mit dem schwierigen historischen Erbe zu tun hat, mag jeder für sich beurteilen, aber das Image der Stadt hat in der Vergangenheit unter der folgenschweren Wahl Hitlers gelitten. Die Stadt hat in der Zeit des Nationalsozialismus (1933 – 1945) eine große Rolle gespielt und wurde zur Stadt der Reichsparteitage der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei). Mit ihrer historisch immer schon starken Stellung für Handel, Kunst und Kultur sowie der zentralen Lage im damaligen Deutschen Reich war Nürnberg der ideale Ort für Hitlers Machtfantasien. 1935 stellten die antisemitischen „Nürnberger Gesetze“ die Weichen für den Beginn der Judenverfolgung.

Böse Bauten

Eine Führung ist wirklich zu empfehlen, da viele der geplanten Gebäude nie gebaut wurden und man somit oft auf seine Vorstellungskraft angewiesen ist. Es gibt zwar Hinweistafeln, aber um sich die Gigantomanie wirklich deutlich zu machen, waren die ausführlichere Erklärungen unseres Gästeführers Stefan sehr hilfreich.

Noch vorhanden sind die Überreste der unvollendeten Kongresshalle, in der einmal bis zu 50.000 Menschen den Worten des kleinen Österreichers hätten lauschen sollen. Noch jetzt sind die Ausmaße gigantisch, dabei fehlt sogar noch ein Stockwerk und es ist schwer vorstellbar, dass ein flaches Dach mit einer solchen Spannweite wirklich gehalten hätte. Das Gebäude erinnert tatsächlich an das Kolosseum in Rom, heute dient es größtenteils als Lagerraum. Über eine endgültige Nutzung ist seitens des Eigentümers, der Stadt Nürnberg, noch keine finale Entscheidung getroffen worden.

Die Reisegruppe aus Hellmitzheim vor der Kongresshalle.

Luitpoldhain mit Ehrenhalle

Der Luitpoldhain ist eine 700.000 m² große Parkanlage. Er wurde 1906 aus Anlass des 100-jährigen Zugehörigkeit zum Königreich Bayern errichtet. 1927 fand im Luitpoldhain der erste Reichsparteitag der NSDAP statt. Beim zweiten NSDAP-Reichsparteitag 1929 wurde das eben fertiggestellte Gefallenenehrenmal in ihre Veranstaltung mit eingebunden. Diese sogenannte Ehrenhalle war zum Gedenken an die über 9.000 Gefallenen der Stadt Nürnberg im Ersten Weltkrieg errichtet worden.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Luitpoldhain wieder in einen Park umgestaltet. 1959/60 wurden alle weiteren Bauten der NS-Zeit abgetragen. Das Halbrund der Terrassen der Ehrentribünen ist noch zu erkennen. An der Ehrenhalle wird heute noch in Gedenken an die Opfer und Toten der beiden Weltkriege am Volkstrauertag gedacht.

Die Ehrenhalle im Luitpoldpark dient heute
auch als Gedenkstätte am Volkstrauertag im November.

Große Straße

Der Bau der Großen Straße als Aufmarschstraße und zentraler Achse des Geländes wurde 1939 beendet. Sie ist in nordwestlicher Richtung auf die mittelalterliche Kaiserburg ausgerichtet. Gästeführer Stefan erklärte, dass die NSDAP hier eine historische Verbindung zum Heiligen Römischen Reich und zu den Reichstagen in Nürnberg herstellen wollte. Diese Paradestraße konnte jedoch nie für Parteitage benutzt werden, da nach Kriegsbeginn 1939 keine solchen Veranstaltungen mehr stattfanden.

Am Ende des gut 2-stündigen Rundgangs, es hatte angefangen von oben nass zu werden, beendete man den Ausflug mit einem Besuch im angrenzenden Gutmann-Biergarten am Großen Dutzendteich. Dort im zwar übervollen, aber zum Glück überdachten und damit trockenen Bereich…

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Impressionen

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Fotos: Andrea Meusert(1), Stefan Meusert(1), Harald_Heinritz(7)